Nach Gesprächen mit der Branche erlässt das Bundesamt für Verkehr (BAV) der Schweiz neue Vorschriften, mit denen die Sicherheit des Schienengüterverkehrs in der Schweiz gewährleistet werden soll. Im Vordergrund stehen Vorgaben an minimale Raddurchmesser, eine systematische und häufigere Wartung sowie optimierte Kontrollen. Die Umsetzung dieser Sicherheitsmassnahmen soll sofort beginnen.
Im Juni 2025 hat die unabhängige Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUST) ihren Bericht zum Unfall im Gotthard-Basistunnel veröffentlicht. Dieser zeigt nach BAV-Einschätzung, dass im Schienengüterverkehr wegen den neuen Verbundstoffbremssohlen ein systematisches Risiko für Radbrüche besteht. Auf Basis ihrer Untersuchung hat die SUST Empfehlungen an die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) ausgesprochen. Ergänzend dazu hat das BAV mit Vertretern der Branche Gespräche geführt. Das BAV hat gestützt auf diese Diskussionen Massnahmen verfügt, welche die Sicherheit des Schienengüterverkehrs in der Schweiz gewährleisten sollen.
Eine zentrale Massnahme ist die Vorgabe eines Mindestdurchmessers für bestimmte Räder. Das BAV verfügt, dass die relevanten Radsatztypen, die in der Schweiz unterwegs sind, mindestens einen Durchmesser von 864 Millimeter aufweisen müssen. Auf europäischer Ebene gilt heute ein Wert von 860 Millimeter.
Ein weiterer wichtiger Faktor für die Sicherheit von Güterwagen ist deren Instandhaltung. Hier schreibt das BAV kürzere, systematische Abstände zwischen den wagentechnischen Untersuchungen vor. Je nach Typ von Bremssohlen und Durchmesser des Rades hat die wagentechnische Untersuchung nach 50.000 Kilometern oder nach 200.000 Kilometern zu erfolgen. Gegenwärtig finden diese in einzelnen Fällen systematisch erst zu einem späteren Zeitpunkt statt. Die wagentechnische Untersuchung enthält die visuelle Prüfung des gesamten Rades und des Mindestraddurchmessers. Zudem wird abgeklärt, ob die Räder eine Hitze-Überlastung erlitten haben oder andere Schäden aufweisen. Schließlich soll die sogenannte Klangprobe durchgeführt werden, um defekte Räder zu eruieren. Zuständig für die Umsetzung dieser Massnahmen sind die für die Instandhaltung verantwortlichen Unternehmen.
Für jeden Güterwagen muss künftig ein gültiger Nachweis zur letzten wagentechnischen Untersuchung vorliegen. So können die Eisenbahnverkehrsunternehmen kontrollieren, ob ein Wagen ordnungsgemäss gewartet wurde, bevor er in einen Zug eingereiht wird, der durch die Schweiz fährt.
Weiter empfiehlt das BAV, dass sich die Fahrzeughalter im Rahmen einer Selbstdeklaration verpflichten, künftig nur noch moderne Radsatztypen zu verwenden. Diese sind weniger anfällig für Überhitzungs- und Rissprobleme. Zudem müssen die Räder einen Farbstreifen enthalten, der zeigt, ob ein Rad schon einmal überhitzt war.
Sensibilisiert werden soll gemäss den neuen Vorgaben des BAV auch das Personal der Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die Lokführer werden angewiesen, ihr Fahrverhalten so anzupassen, dass eine Überhitzung der Räder vermieden werden kann. Bei der Zugabfahrt soll, wo betrieblich möglich, eine Klangprobe durchgeführt werden.
Die Verfügung des BAV richtet sich an Eisenbahnverkehrsunternehmen, die mit Güterzügen durch die Schweiz fahren sowie an die Fahrzeughalter und an die für Instandhaltung verantwortlichen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Die Umsetzung der Maßnahmen soll umgehend beginnen. Bis spätestens Ende 2025 müssen sie vollständig umgesetzt sein.
Die SBB begrüsste die Vorgaben. Damit könne das Unfallrisiko im Güterverkehr nachhaltig gesenkt werden und die SBB weiterhin alle Güterwagen befördern.