Ukraine: Reni erhält normalspuriges Containerterminal

Der Stadtrat von Reni gab am 27.10.2022 grünes Licht für die Zuweisung von Land und den Bau eines multimodalen Terminals, das auch einen Normalspuranschluss erhalten soll. Die 1.435-mm-Spur vom benachbarten Galați (RO) soll damit über Giurgiulești (MD) in die ukrainische Hafenstadt Reni verlängert werden. Die Normalspurstrecke existiert bereits bis Giurgiulești, daher sind weniger als 8 km neuer Gleise nötig, was aber der teuerste Teil des Projekts sein wird.

Bis Ende der 1990er Jahre existierte bereits diese Normalspurverbindung über den Bahnhof Reni hinaus bis zum Bahnhof Lyman-Dunajs‘kyj, wo es eine Umspuranlage für Güter- und Personenwagen sowie einen Eisenbahnumschlagkomplex gab. Die von Galați kommende Normalspur wurde 2013 allerdings nur teilweise renoviert, das Vierschienengleis endet seitdem im moldauischen Giurgiulești.

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Der 5 ha große Komplex innerhalb der Stadt Reni ist für die Umladung vom Lkw auf die Eisenbahn, insbesondere Container, zum Weitertransport in die Europäische Union vorgesehen. Das Grundstück wird im Rahmen eines langfristigen Pachtvertrags für einen Zeitraum von 49 Jahren an das Unternehmen „Reni Logistyk“ vergeben. Dieses ist bereit, 20 Mio. UAH (rund 538.000 EUR) in die Umsetzung des Projekts zu investieren. Der dafür notwendige Transit der Güter durch die Republik Moldau hat sich nach der Wiederherstellung der Strecke vom ukrainischen Berezyne zum moldauischen Bahnhof Basarabeasca und eines daraufhin geschlossenen Abkommens zum Korridorverkehr erheblich vereinfacht.

RCG: Mehr Getreide aus der Ukraine

Seit Kriegsausbruch bis Ende August 2022 wurden von der ÖBB Rail Cargo Group (RCG) bereits 580.000 Tonnen Getreide aus der Ukraine transportiert. Allein im August waren es über 145.000 Tonnen.

Aufgrund der geographischen Lage der verarbeitenden Betriebe ging im August ein Großteil der Lieferungen nach Ungarn, gefolgt von Deutschland, Italien und Rumänien sowie in die Niederlande. Die RCG-Getreidezüge fahren dabei über vier Grenzübergänge: Zum einen über die ukrainisch-slowakische Grenze bei Chop, die ukrainisch-ungarische Grenze bei Záhony, die ukrainisch-rumänische Grenze bei Reni sowie die ukrainisch-polnische Grenze bei Chyriw.

Grafik: RCG

Die RCG rechnet in den kommenden Monaten mit einer unveränderten Nachfrage auf dem aktuellen Niveau. Zur Beschleunigung der Getreideexporte wird die Kooperation mit der ukrainischen Staatsbahn Ukrzaliznica (UZ) weiter ausgebaut. Die Einrichtung einer ständigen bilateralen Arbeitsgruppe wurde Ende August 2022 beschlossen. Dabei sollen u.a. der Datenaustausch und die Prozesse zwischen den Kooperationspartnern bzw. die Auslastung der Umschlagkapazitäten optimiert werden.

Rostock: Erster Zug mit Ukraine-Mais

Am 23.08.2022 ist ein erster Zug mit 1.200 t Futtermais aus der Ukraine in Rostock entladen worden. Für das Getreideterminal Rostock (GTR) der erste Mais überhaupt, bislang wurden dort nur jährlich 3-4 Mio. t Weizen, Gerste und Mais per Schiene oder Straße angeliefert und dann per Schiff exportiert. Den Probezug aus der Ukraine hatte DB Cargo an der ukrainisch-polnischen übernommen, er umfasste 21 Waggons.

ZSSK Cargo: Altpapier in die Ukraine

Der Krieg in der Ukraine hat der slowakischen Güterbahn ZSSK Cargo neue Geschäfte in Form von Recyclingpapiertransporten beschert. Diese absolvieren den Grenzübertritt per Bahn und sind somit deutlich schneller als der Lkw, denn auf der Straße betragen die Wartezeiten an den Grenzübergängen oftmals mehr als 24 Stunden. Allein in den ersten drei Juniwochen 2022 wurden 4.500 Tonnen Altpapier per Bahn befördert.

Altpapierverladung in Sečovce. Foto: ZSSK Cargo

Das Altpapier wird per Lkw dabei aus der Slowakei, Polen und Ungarn in Sečovce gesammelt und im Gleisanschluss der Firma Malex3 verladen. In der Vergangenheit wurde dieser für den Import und die Lagerung von Salz aus der Ukraine verwendet, das in Waggons über den Grenzübergang Maťovce hierher geschickt wurde.

Bei den Transporten werden zweiachsige Wagen des Typs Hbis von ZSSK Cargo verwendet, die aufgrund der hohen Nachfrage um Rils ergänzt wurden. Die Güterbahn erledigt die lokale Bedienung mit Dieselloks der Baureihen 742 und 751. Über den Knoten Trebišov gelangen die Waggons zum Rangierbahnhof in Košice und weiter in einem Wagen des Einzelwagenverkehres zum Grenzbahnhof Čierna nad Tisou. Im Falle ausreichender Mengen wird fallweise auch durchgehend als Ganzzug gefahren. Nach Grenzübertritt gelangen die Waggons zur Umladung in Breitspurwaggons zum Terminal Karpaty in Uzhhorod. Ziel sind drei Papierfabriken in der Ukraine.

Dieselloks der Baureihen 752 und 751 bespannen die erste Meile. Foto: ZSSK Cargo

Captrain Polska fährt Getreide aus der Ukraine

Captrain Polska transportiert Getreide über die polnisch-ukrainische Grenze. Aktuell sind es drei zum Großteil mit Getreide beladene Züge in der Woche, die über die Grenze zwischen Mostyska [UA] und Medyka [PL] gefahren werden. Der Transport erfolgt im Auftrag eines großen intermodalen Operateures.

Trotz der limitierten Kapazitäten an der Grenze wird nach Unternehmensauskunft intensiv daran gearbeitet, die Verfügbarkeit von Lokomotiven und Personal zu erhöhen, um zukünftig sechs Züge in der Woche zu fahren.

Foto: Captrain Polska

Polen kann von Ukraine-Krise profitieren

Die polnische Bahntransportwirtschaft kann von den Veränderungen durch den Krieg in der Ukraine profitieren. Dies erläutert Marcin Witczak, Präsident von Laude Smart Intermodal, in einem Interview mit wnp.pl.

So ermögliche die Infrastruktur auf polnischer Seite im Vergleich zu dem, was heute transportiert wird, ein Vielfaches an Gütern aus der Ukraine zu transportieren. Probleme bestünden mit der Grenzkapazität. Würde Polen die Chance nicht nutzen, ist absehbar dass Rumänien u.a. über den Tiefseehafen Constanța einen großen Teil der Verkehre aus der Ukraine übernimmt. Als Transportlösung schlägt der Laude-CEO vor, das Getreide zu Containerisieren und so den Umschlag von Breit- auf Normalspur wesentlich zu beschleunigen. Zudem bestünden Bestrebungen, einen Teil der Ukrainischen Bahninfrastruktur auf Normalspur umzurüsten, um so den Transport nach Europa zu beschleunigen.

Laude könnte im eigenen Terminal Zamość sowie im Euroterminal in Sławków theoretisch 5 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide pro Monat umschlagen. In den Silos der Ukraine würden aktuell noch 25 Mio. t Getreide lagern, die dringend abtransportiert werden müssten, so Witczak.

Laude ist nach eigener Aussage der größte polnische Spediteur, der sich mit dem Transport von Gütern auf der Schiene aus der Ukraine befasst.

Ukraine-Krieg: Mehr Getreide durch Ungarn

Im Vergleich zum April des Vorjahres hat sich der von der Rail Cargo Group in Ungarn organisierte Transitverkehr von ukrainischem Getreide auf der Schiene in Ungarn vervielfacht. Das weitere Wachstum der Transporte ist durch die Umschlagskapazität und die Anzahl der verfügbaren Güterwagen begrenzt.

Im ersten Quartal von 2022 sind 41.000 Tonnen Ernte aus der Ukraine in der Organisation von Rail Cargo Logistics – Hungaria, der ungarischen Teilgesellschaft der Rail Cargo Group angekommen. Bis Ende Juni ist die Versendung von weiteren 85.000 Tonnen prognostiziert. Der Zielort des Getreides ist in den meisten Fällen Italien, kleinere Mengen kommen im Auftrag von ungarischen Kunden zur Bevorratung.

Die Routen an den Schwarzmeerhäfen müssen aufgrund ihres Ausfalls kompensiert werden. Dies führt wiederum zu einem Transportbedarf durch Ungarn, der sich auf fünf Millionen Tonnen Getreide pro Jahr belaufen würde. Dieser Nachfrage stehen die Leistungen der Umschlagskapazitäten (über 1.000 Tonnen/Tag) und die limitierte Anzahl der Güterwagen gegenüber.

Die Tochtergesellschaft der Rail Cargo Group in Ungarn, die Rail Cargo Hungaria (RCH), wickelt nach eigener Aussage 75 Prozent der ungarischen Getreidetransporte ab. 700 eigene und die 1.500 zugeteilten Getreidewagen der Rail Cargo Group stehen in erster Linie für die Exporttransporte von einer Million Tonnen ungarischer Ernte zur Verfügung. Obwohl RCH danach strebt, Güterwagen für die neuen Verkehre zur Verfügung zu stellen, kann die Nachfrage nur so gedeckt werden, wenn kundenseitig auch Wagen vorliegen, die nicht speziell für Getreidetransport gebaut wurden, aber ebenfalls für diesen Zweck geeignet sind.

Früher kam Getreide aus der Ukraine nur selten per Bahn nach Ungarn. Aus diesem Grund wurde die Kapazität zum Transport solcher Getreidemengen, einschließlich der Mittel zum Verladen und Lagern von Ernten, nicht errichtet. Darüber hinaus führen die derzeitigen Instandhaltungsarbeiten an der ungarischen Eisenbahninfrastruktur dazu, dass die Durchsatzkapazität der Strecke begrenzt ist. Der Zuwachs der ukrainischen Getreideverkehre startete schon im November 2021, da wegen der hohen ungarischen Ankaufspreise die Händler ihre heimischen Vorräte aufgefüllt haben. Die Kriegssituation beschleunigte das Versandtempo, und das Volumen der Ernte nahm ebenfalls zu.

Ukraine-Getreide mit RCG nach Österreich

Seit Kriegsbeginn hat die ÖBB Rail Cargo Group ihre Transporte von der Ukraine nach Deutschland verstärkt. Am 06.05.2022 ist die erste Getreidelieferung für Österreich eingetroffen. Damit ist der Grüne Korridor, den Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger angekündigt hat, bereits aktiv. Von März bis April 2022 hat die RCG 30 Getreidezüge aus der Ukraine organisiert. In Summe wurden dabei bereits 60.000 Tonnen Getreide transportiert. Seit Mai wurde die Anzahl der Transporte verdoppelt – somit fahren aktuell täglich Getreidezüge aus der Ukraine in die EU

Die weitere Planung sieht mindestens zwei Getreide-Transporte pro Monat aus der Ukraine nach Österreich vor. Auch hier wird aktuell ein Aufstocken der Intervalle geprüft. Jeder Zug besteht aus 25 Schüttgutwagen und transportiert jeweils 1.400 Tonnen Getreide.

Am 6. Mai kam der erste Zug mit ukrainischem Mais für Tierfutterzwecke in Österreich an. Ziel des Transports ist die Gemeinde Aschach an der Donau im oberösterreichischen Bezirk Eferding. Vor dieser Endstation hielt der Zug in Wien Kledering, wo er von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, dem ukrainischen Botschafter Vasyl Khymynets sowie ÖBB CEO Andreas Matthä in Empfang genommen wurde.  Von links nach rechts: Vasyl Khymynets, Elisabeth Köstinger, Andreas Matthä. Foto: ÖBB / Scheiblecker

LTG Cargo umgeht Weißrussland

LTG Cargo hat einen Testzug vom Kaunas Intermodal Terminal (KIT) für die Ukraine über Polen sowie in Gegenrichtung gestartet. Vom KIT aus kann die Fracht effizient in ganz Litauen und im gesamten Ostseeraum verteilt werden. Dies ist das erste Mal in der Geschichte Lietuvos Geležinkeliai (LTG), dass Fracht aus der Ukraine Litauen auf der Schiene unter Umgehung von Weißrussland erreicht.

Estnische Bahn sucht nach Alternativen

Der Güterverkehr in Estland ist nach Einführung der Sanktionen gegen Russland auf fast Null gesunken. Im vergangenen Jahr belief sich das Volumen noch auf 12,8 Mio. t, davon fast 9,5 Mio. t im Transit. Durch die Sanktionen gingen alle Transporte von Öl und Düngemittel aus der Republik Belarus verloren. Statt ganzer Züge verkehren heute täglich nur 10 bis 20 Güterwagen über die russische Grenze. Dies bedeutet für Estlands Eisenbahn, die vor einigen Monaten hauptsächlich mit dem Transport von Gütern aus Russland und Weißrussland beschäftigt war, sich neu orientieren zu müssen.

Kasachstan und Usbekistan, deren Getreide, Öl und Stahl zuvor die Häfen im Schwarzen Meer anliefen, begannen nach Möglichkeiten zu suchen, diese über andere Häfen im Baltikum und Finnland zu verschiffen, da das Schwarze Meer jetzt für die Schifffahrt gesperrt ist. Momentan wird kasachisches Getreide für das Terminal in Muuga erwartet, ebenso Öl für den Kraftstoffhändler Alexela, allerdings zunächst nur eine kleine Charge. Die russische Seite hat hier mit dem Transport von Metallerz für Fabriken in Belgien begonnen.

Die Ukraine möchte ihr Getreide über die baltischen Häfen exportieren, was aber auf einige Probleme stößt. Da man nicht mehr durch Weißrussland fahren kann und aufgrund der anderen Spurweite in Polen bedeutet das, dass sie ihre Waren zunächst in Polen auf Güterwagen mit 1.435-mm-Spurweite verladen müssten. Weder an der ukrainisch-polnischen Grenze noch an der polnisch-litauischen Grenze gibt es aber Ladestellen, an denen Getreide verladen werden kann. Estland hat zwar viele Getreideterminals mit Gleisanschluss, die Terminals könnten bis zu einer Million Tonnen pro Jahr per Bahn erhalten, die estnische Bahn hat aber keine Getreidewagen. Bisher wurden die Güterwagen meistens aus Russland gekauft, was heute nicht mehr geht.

Ein weiteres Problem sind die stark begrenzten Kapazitäten an der polnisch-litauischen Grenze, laut Angaben der litauischen Eisenbahn sind 4-5 Zugpaare pro Tag das händelbare Maximum, und die dortigen Containerterminals sind bereits mit eigenen Zügen von Kaunas nach Polen belegt. Es ist zwar möglich, Getreide in Containern zu transportieren, aber die Mengen, die aus der Ukraine exportiert werden müssen, sind aktuell sehr schwierig zu transportieren.